Lauter Hass – leiser Rückzug: Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht
Aus Angst vor Hass im Netz steht mehr als die Hälfte der Internetnutzer:innen nicht zu ihrer eigenen politischen Meinung und nimmt weniger an Diskussionen um politische Themen teil. Insbesondere junge Frauen, Personen mit einem sichtbaren Migrationshintergrund und queere Menschen sind von sexualisierten Übergriffen, Beleidigungen und Gewaltandrohungen betroffen. Das ergibt die repräsentative Studie “Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht.” (Download der Studie als PDF), die am 13. Februar 2024, von Das NETTZ, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, HateAid und den Neuen deutschen Medienmacherinnen herausgegeben wurde. Dazu wurden mehr als 3.000 Internetnutzer:innen ab 16 Jahren in Deutschland befragt.
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Hass im Netz kann alle treffen. Aber nicht alle gleich. Fast jede zweite Person (49 %) wurde schon einmal online beleidigt. Ein Viertel (25 %) der Befragten wurde mit körperlicher Gewalt und 13 % mit sexualisierter Gewalt konfrontiert. Besonders häufig betroffen sind Personen mit sichtbarem Migrationshintergrund (30 %), junge Frauen (30 %) und Menschen mit homosexueller (28 %) oder bisexueller (36 %) Orientierung. Fast jede zweite junge Frau (42 %) erhielt bereits ungefragt ein Nacktfoto.
Hass im Netz führt zum Rückzug aus demokratischen Diskursen. Mehr als die Hälfte der Befragten bekennt sich aus Angst im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung (57 %), beteiligt sich seltener an Diskussionen (55 %) und formuliert Beiträge bewusst vorsichtiger (53 %). 82 % der Befragten fürchten, dass Hass im Netz die Vielfalt im Internet gefährdet. Mehr als drei Viertel (76 %) sind besorgt, dass durch Hass im Netz auch die Gewalt im Alltag zunimmt. Der Großteil (89 %) stimmt zu, dass Hass im Netz in den letzten Jahren zugenommen hat. Nur 5 % hat schon einmal Hass gegen sich selbst bei der Polizei angezeigt.
Plattformen müssen Verantwortung für Hass im Netz tragen. 86 % der Befragten finden, dass Social-Media-Plattformen mehr Verantwortung übernehmen müssen. 79 % stimmen der Aussage zu, dass diese Plattformen auch finanzielle Verantwortung für die durch Hass im Netz entstehenden gesellschaftlichen Schäden tragen sollten.
Daher fordern die Herausgeber:innen der Studie eine bessere Unterstützung für Betroffene von Hass im Netz und legen die Dringlichkeit eines Kompetenznetzwerkes dar:
- ein bundesweites Netzwerk von spezialisierten Beratungsstellen sowie geschulte und sensibilisierte Strafverfolgungsbehörden, die Betroffene ernst nehmen.
- eine finanzielle Beteiligung von Social Media Plattformen an den Kosten für gesellschaftliche Schäden, die sie durch Hass-begünstigende Geschäftsmodelle verstärken. Sehr große Online-Plattformen müssen einen Anteil ihres Gewinns aufwenden, um die gesellschaftlichen Kosten für diese Schäden in ausreichendem Maße zu tragen.
- eine nationale Bildungsoffensive Medienkompetenz mit Mitteln in mindestens gleichwertiger Höhe des Digitalpakts (6,5 Milliarden €).
Quellen:
Das NETTZ, Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, HateAid und
Neue deutsche Medienmacher:innen als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz
(Hrsg.) (2024): Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs
bedroht. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung. Berlin. https://kompetenznetzwerk-hass-im-
netz.de/download_lauterhass.php
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